Migräne: Ursachen und Formen

Migräne mit Aura

Inhaltliche Qualitätssicherung: Dr. rer. nat. Till Schumacher (Apotheker)

Bei Migräne handelt es sich um eine neurologische Erkrankung. Rund 10 Prozent der deutschen Bevölkerung leidet unter den Kopfschmerzattacken, die meist hämmernd, bohrend oder pulsierend wahrgenommen werden. Neben den Schmerzen im Kopf wird die Krankheit meist von weiteren Symptomen wie Sehstörungen, Übelkeit und Erbrechen begleitet. Betroffene sind in ihrem Alltagsleben deshalb häufig stark beeinträchtigt.

Die Veranlagung zu Migräne besteht vermutlich aufgrund eines genetischen Defekts. Die in unregelmäßigen Abständen auftretenden Migräneattacken werden in der Regel durch diverse äußere und innere Faktoren, sogenannte Trigger ausgelöst. In Abhängigkeit der auftretenden Symptome und Hintergründe wird in verschiedene Formen der Erkrankung unterschieden.

Migräne: Ursachen

Obwohl Migräne bereits seit vielen Jahrzehnten erforscht wird, konnten die genauen Ursachen und Krankheitsmechanismen bis heute nicht eindeutig aufgeklärt werden.

Genetische Veranlagung

Die moderne Medizin geht davon aus, dass die neurobiologisch bedingte Funktionsstörung die zu Migräne führt aufgrund einer genetischen Veranlagung entsteht.

In den meisten Fällen liegt der Erkrankung eine polygenetische Veranlagung, also Veränderungen in mehreren Genen zugrunde. Es wird vermutet, dass unter anderem Gene, die für die Regulierung der neurologischen Schaltungen verantwortlich sind, von einer Mutation betroffen sind.

Einen Sonderfall stellt die sogenannte Familiäre hemiplegische Migräne (FMHO) dar. Bei dieser Form der Migräne handelt es sich um eine monogenetische Erkrankung. Dies bedeutet, dass sie aus Genveränderungen in einem einzigen Gen resultiert.

Bislang konnte noch nicht eindeutig geklärt werden, welche biologischen Mechanismen dafür verantwortlich sind, dass Genmutationen eine Migräne auslösen.

Neurologische Hintergründe von Migräne

Aktuelle Studien legen nahe, dass ein Ungleichgewicht der Schmerzzentren und eine Überaktivität der Nervenzellen im Hirnstamm Ursache für die Erkrankung sein könnte.

Mithilfe bildgebender Verfahren konnte nachgewiesen werden, dass das sogenannte Migräne-Zentrum im Hirnstamm während einer Migräneattacke verstärkt durchblutet wird und überempfindlich auf Reize reagiert. Durch diese Überaktivität sendet der Gesichtsnerv vermutlich Schmerzsignale an das Gehirn.

In Folge kommt es zu einer gesteigerten Ausschüttung von vasoaktiven Neuropeptiden. Dabei handelt es sich um Botenstoffe, die entzündliche Eiweißstoffe und andere Blutbestandteile freisetzen, eine Dehnung der Blutgefäße verursachen und den Austritt von Blutflüssigkeit ermöglichen (Extravasation). Auf diese Weise kommt es zu einer Entzündung der Hirnhäute und des Hirngewebes, die Schmerzimpulse auslöst. Diese äußern sich als Migränekopfschmerzen.

Auslöser für Migräneanfälle

Während einer Migräneattacke tritt eine Fehlfunktion der schmerzregulierenden Systeme im Körper ein. Infolgedessen zeigen Betroffene eine Überempfindlichkeit gegenüber Umweltreizen.

Migräneanfälle entstehen zwar auf Basis einer genetischen Neigung, werden jedoch in der Regel im Zusammenspiel mit sogenannten Triggerfaktoren ausgelöst. Dabei handelt es sich um verschiedene äußere oder innere Faktoren, die eine Attacke auslösen können.

Welche Umwelteinflüsse einen Migräneanfall auslösen, ist individuell verschieden. In vielen Fällen kommt es erst dann zu einem Anfall, wenn mehrere Trigger zusammenkommen. Zudem kann es vorkommen, dass der Kopfschmerz unvorhergesehen und ohne einen erkennbaren äußeren Einfluss auftritt.

Stress

Überforderung, Zeitdruck und Konflikte verursachen eine vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin. Diese bewirken im Körper unter anderem eine Steigerung der Herzfrequenz und des Blutdrucks und können auf lange Sicht diverse gesundheitliche Beschwerden hervorrufen.

Bei einer genetischen Veranlagung für Migräne können Stresssituationen zudem Migräneattacken hervorrufen. Stress im privaten oder beruflichen Umfeld gilt als einer der häufigsten Auslöser für die schmerzhaften Anfälle.

Häufig treten Migräneanfälle jedoch nicht während der eigentlichen Belastung, sondern in Erwartung des eintretenden Stresses oder in der Erholungsphase ein. Viele Betroffene leiden beispielsweise unter der sogenannten „Wochenend-Migräne“. Diese setzt am Ende einer anstrengenden Woche in der Arbeit oder der Schule ein.

Ernährung

Auch die Ernährung kann einen beachtlichen Einfluss auf Migräneattacken ausüben. Einige Betroffene reagieren beispielsweise besonders empfindlich auf bestimmte Lebensmittel wie Bananen, Zitrusfrüchte, Schokolade oder Käse.

Weshalb es nach dem Verzehr dieser Produkte zu Anfällen kommen kann, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Tyramin-haltige Produkte wie Bananen oder einige Käsesorten regen jedoch die Ausschüttung des gefäßverengenden Neurotransmitters Noradrenalin an. Dieser kann vermutlich Migräneschmerzen auslösen.

Daneben stehen Alkohol (insbesondere Rotwein), Koffein, Nikotin und Geschmacksverstärker wie Glutamat im Verdacht, Migräneattacken zu begünstigen. Zudem können Anfälle durch Unterzuckerung ausgelöst werden.

Hormonelle Veränderungen

Hormonelle Veränderungen üben einen großen Einfluss auf Migräne aus. Frauen sind aufgrund häufiger Hormonschwankungen deutlich häufiger von der Erkrankung betroffen als Männer. Insbesondere während der Periode oder des Eisprungs kommt es aufgrund des Abfalls beziehungsweise Anstiegs des Östrogenspiegels häufig zu Migräneattacken. Während der Schwangerschaft und der Wechseljahre gehen die Anfälle dagegen meist zurück oder bleiben sogar vollständig aus.

Daneben können Hormonpräparate gegen Wechseljahresbeschwerden und hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille Migräneanfälle auslösen.

Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus

Unregelmäßigkeiten im Schlaf-Wach-Rhythmus können eine Stressreaktion im Körper zur Folge haben und Migräneattacken auslösen. Insbesondere Schichtarbeit und Fernreisen sowie schlaflose oder unruhige Nächte können den natürlichen Biorhythmus aus dem Gleichgewicht bringen und das Risiko für Anfälle erhöhen.

Selbst kleine Veränderungen wie eine ungewöhnlich kurze oder lange Nachtruhe oder ein Mittagsschlaf können bei besonders empfindlichen Betroffenen einen Migräneanfall zur Folge haben.

Wetter und Wetterwechsel

Welches Wetter Migräneanfälle begünstigt, ist individuell verschieden. Viele Betroffene reagieren besonders empfindlich auf starken Wind, Stürme, schwüle Luft oder sehr helles Tageslicht. Zudem können extreme Kälte oder Hitze, starke Klima-Umstellungen durch Reisen oder plötzliche Wetterwechsel Migräneschmerzen hervorrufen.

Reizüberflutung

Menschen die unter Migräne leiden, reagieren meist überempfindlich auf diverse Umweltreize. Wenn Betroffene zahlreiche Reize gleichzeitig ausgesetzt sind, kann deren Gehirn die verschiedenen Eindrücke häufig nicht mehr voneinander trennen. Die durch Reizüberflutung hervorgerufene Überforderung kann einen Migräneanfall zur Folge haben.

Migräne: Formen

Die Medizin unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Migräne. In erster Linie wird zwischen den beiden Hauptformen Migräne ohne Aura und Migräne mit Aura unterschieden. Beide Formen der Erkrankung werden wiederum in mehrere Unterformen unterteilt.

Daneben gibt es weitere besondere Formen von Migräne. Dazu zählen beispielsweise Migräne mit Netzhautbeteiligung, Augenmigräne und chronische Migräne.

Migräne ohne Aura

Die Migräne ohne Aura ist die am häufigsten auftretende Form der Erkrankung. Ihre klassischen Symptome sind meist einseitige Kopfschmerzen, die langsam zunehmen. Diese werden häufig pulsierend wahrgenommen und sind von einer mittleren bis starken Intensität. In der Regel halten die Attacken zwischen 4 und 72 Stunden an.

Viele Betroffene leiden während der Migräneanfälle zudem unter Übelkeit oder gesteigerter Lärm- und Lichtempfindlichkeit. Die Beschwerden verstärken sich in der Regel durch einfache körperliche Aktivitäten wie Gehen oder Treppensteigen.

Die Migräne ohne Aura kann in drei Unterformen auftreten:

  • Nicht-menstruelle Migräne ohne Aura
  • Menstruationsassoziierte Migräne ohne Aura
  • Rein menstruelle Migräne ohne Aura

Migräne ohne Aura während der Menstruation

Bei einigen Frauen treten Migräneanfälle ohne Aura ausschließlich während der Menstruation auf. Menstruationsbedingte Migränebeschwerden sind in der Regel von einer längeren Dauer und höherer Intensität als Anfälle außerhalb der Regelblutung.

Wenn die Beschwerden in mindestens zwei von drei Menstruationszyklen und ausschließlich zwei bis drei Tage nach Beginn der Menstruation auftreten, handelt es sich um eine rein menstruelle Migräne ohne Aura. In diesem Fall verläuft der restliche Zyklus ohne Migräneanfälle.

Treten die Beschwerden sowohl zwei bis drei Tage nach Eintreten der Menstruation, als auch zu anderen Zeitpunkten des Zyklus auf, spricht man von einer menstruationsassoziierten Migräne ohne Aura.

Migräne mit Aura

Die Migräne mit Aura ist deutlich seltener als die Migräne ohne Aura. Neben den typischen Symptomen einer Migräne verursacht diese Form der Erkrankung weitere neurologische Symptome. Diese können zeitgleich mit der Kopfschmerzphase auftreten oder dieser vorausgehen. In seltenen Fällen tritt nur die Aura auf und der Migränekopfschmerz bleibt aus.

Die Beschwerden der Migräne mit Aura äußern sich insbesondere in Form von Ausfall- oder Reizerscheinungen verschiedener Körperfunktionen. Eine Aura dauert in den meisten Fällen etwa 20 bis 60 Minuten an. In einigen Fällen können vereinzelte Symptome über mehrere Tage bis zu einer Woche bestehen bleiben. In diesem Fall spricht man von einem migränösen Infarkt.

Die Migräne mit Aura kann in mehreren Unterformen auftreten:

  • Nicht-menstruelle Migräne mit Aura
  • Menstruationsassoziierte Migräne mit Aura
  • Rein menstruelle Migräne mit Aura
  • Migräne mit typischer Aura (mit Kopfschmerzen oder ohne Kopfschmerzen)
  • Migräne mit Hirnstammaura
  • Retinale Migräne
  • Hemiplegische Migräne

Arten von Aura-Symptomen

Aura-Symptome betreffen verschiedene Organe und Körperfunktionen und können demnach in verschiedene Arten unterteilt werden. Die Beschwerden können einzeln, aber auch in Kombination auftreten.

Visuelle Aura-Symptome: Etwa 99 Prozent der Betroffenen leidet unter Sehstörungen. Dazu gehören beispielsweise Gesichtsfeldausfälle sowie diverse Bildstörungen wie das Wahrnehmen von Blitzlichtern, gezackten Linien und Figuren. Visuelle Symptome können sowohl bei offenen, als auch bei geschlossenen Augen auftreten. Sie halten meist weniger als eine Stunde an.

Sensorische Aura-Symptome: Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet zudem unter Gefühlsstörungen wie Taubheits- oder Kribbelgefühlen in den Gliedmaßen oder auf den Wangen. Die Missempfindungen entspringen einem bestimmten Ursprungsort und breiten sich von diesem ausgehend aus. In der Regel betreffen sie nur eine Körperhälfte.

Motorische Aura-Symptome: Störungen des Bewegungsapparats gelten als seltenere Aura-Symptome. Betroffene empfinden in der Regel ein Schwächegefühl oder eine Lähmung in einem bestimmten Körperteil.

Aphasische Aura-Symptome: Sprachliche Störungen gehören ebenfalls zu den selteneren Begleiterscheinungen der Migräne mit Aura. Sie äußern sich beispielsweise durch eine erschwerte Aussprache oder Probleme im Ausdruck.

Retinale Aura-Symptome: Netzhautsymptome wie Flimmern vor den Augen treten in erster Linie im Zusammenhang mit Netzhautmigräne auf. Im Extremfall können diese zur Erblindung führen.

Wie lange dauert Migräne?

Ein Migräneanfall dauert in der Regel zwischen 4 und 72 Stunden. Bei Kindern können jedoch kürzere Anfälle ab einer Dauer von 2 Stunden auftreten.

Eine Migräneattacke wird in vier verschiedene Phasen unterteilt. Während einige Betroffene stets alle Phasen durchlaufen, treten bei anderen nur zwei oder drei davon auf:

Die Vorphase

Die Vorphase wird auch als Prodromalphase bezeichnet. Während dieser Phase kündigt sich der bevorstehende Migräneanfall durch diverse Symptome an. Dabei wird zwischen Plus- und Minus-Faktoren unterschieden:

Zu den Plus-Faktoren der Vorphase gehören Stimmungsschwankungen, Hyperaktivität, Reizbarkeit, Heißhungerattacken sowie Überempfindlichkeit.

Zu den Minus-Faktoren der Vorphase gehören Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Verstopfung.

Die Aura

Die Aura folgt in der Regel auf die Vorphase. Die Symptome der Migräne-Aura können vor Einsetzen der Kopfschmerzen auftreten, sich zeitlich mit diesen überschneiden oder gemeinsam mit diesen eintreten.

Die Migräne-Aura entwickelt sich in den meisten Fällen innerhalb von 5 bis 20 Minuten. Nach höchstens 60 Minuten sind die Beschwerden im Normalfall wieder verschwunden. In Einzelfällen können diese jedoch über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben.

Die Kopfschmerzphase

Während der Kopfschmerzphase treten die eigentlichen Migränekopfschmerzen ein. In der Regel dauert diese Phase zwischen 4 und 72 Stunden an.

Meist nehmen die Schmerzen langsam zu und treten nur einseitig auf. Dennoch ist es möglich, dass sie die Kopfseite wechseln. Daneben kommt es häufig zu einer gesteigerten Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen und Übelkeit bis hin zu Erbrechen.

Die Rückbildungsphase

In der Rückbildungsphase gehen die Symptome langsam zurück. Betroffene fühlen sich für etwa 12 bis 24 Stunden müde und ausgelaugt. Zudem kommt es häufig zu Appetitlosigkeit.

Sonderfall: Chronische Migräne

Eine chronische Migräne kann sich sowohl aus einer Migräne ohne Aura, als auch aus einer Migräne mit Aura entwickeln. Betroffene leiden über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten an mindestens 15 Tagen pro Monat an migräneartigen oder spannungstypartigen Kopfschmerzen. Diese lassen sich weder auf eine andere Erkrankung, noch auf äußere Einflüsse zurückführen.

Sonderfall: Status migraenosus

Hält ein Migräneanfall länger als 72 Stunden an, spricht man von einem Status migraenosus. Betroffene werden durch die Kopfschmerzen und weiteren Symptome der Migränekomplikation stark beeinträchtigt.

Nahrungsergänzungsmittel bei Migräne

Eine gesunde, ausgewogene Ernährung und eine ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen kann Betroffenen dabei helfen, die Häufigkeit, Dauer und Intensität von Migräneattacken zu reduzieren.

Personen, die unter Migräne leiden, sollten besonders großen Wert auf eine ausreichende Versorgung mit Magnesium legen. Das Spurenelement zeigt eine unterstützende Wirkung auf die Muskulatur und kann auf lange Sicht eine vorbeugende Wirkung gegen Migräneattacken entfalten.

Daneben wird vermutet, dass Coenzym Q10 und Vitamin B2 eine vorbeugende Wirkung gegen Migräneattacken ausüben. Zudem existieren Hinweise darauf, dass die Vitamine B1, B6, B9 und B12 zur Vorbeuge von Anfällen beitragen können.

Fazit

Bei Migräne handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, die aufgrund von Erbgutveränderungen in einem oder mehreren Genen entsteht. Kennzeichnend für Migräne sind die in unregelmäßigen Abständen auftretenden Migräneanfalle. In den meisten Fällen werden diese durch verschiedene äußere und innere Einflüsse, sogenannte Trigger, ausgelöst.

Betroffene werden durch die schmerzhaften Migräneanfälle häufig stark in ihrem Alltagsleben eingeschränkt. Um das Risiko für Attacken zu reduzieren, empfiehlt es sich in erster Linie, mögliche Auslöser weitestgehend zu meiden. Ein bewusster, gesunder Lebensstil und die ausreichende Versorgung mit Nährstoffen können dazu beitragen, die Häufigkeit und Intensität von Migräneattacken zu reduzieren.

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